Feinfühlige Menschen spüren Nuancen– und das ist eine sehr gute Voraussetzung, um differenziert zu denken. Sie selbst erleben das oft als Schwäche, weil es in unserer rationalen Welt so wenig Anerkennung für Sensibilität gibt. Aber auch bei gefühlsbetonten Menschen können sie oft nicht recht landen, weil die wiederum am "Kopf" kein gutes Haar lassen.
Aber müssen wir uns wirklich scheiden? Macht die Fragestellung überhaupt Sinn? Schließlich haben wir Kopf und Bauch, Verstand und Intuition. Wir sind nicht „ganzheitlicher“, wenn wir auf die Intuition hören, aber den Verstand abwerten – den brauchen wir in unserer geplagten Welt mit ihren Stapelkrisen mehr denn je. Und ohne Gefühle und Intuition werden wir auch nie vollständig sein. Schließlich leben wir als Körper in einer körperlichen Welt.
Aber über diese generellen Weisheiten hinaus kommt es noch besser: Zwischen den Stühlen ist nämlich immer genug Platz. Weil da kaum einer hin will – und das aus gutem Grund: Ein fester Platz, eine feste Position gibt Sicherheit. Man gehört dazu. Darauf zu verzichten, braucht Mut, jeden Tag aufs Neue. Es fühlt sich unsicher an, man steht oft allein im rauen Wind. Das wagt kaum einer.
Dabei lohnt es sich, denn der Zwischenraum ist sehr besonders: Hier können wir unserer eigenen Spur folgen und verschiedene Positionen auf unsere Weise miteinander verknüpfen. Wir lernen dazu und begegnen neuen Leuten – und die Menschen des Zwischenraums sind oft sehr ungewöhnlich und interessant. Es gibt Rast- und Ruheplätze, an denen wir uns treffen und uns gegenseitig unsere Geschichte erzählen – wie früher am Lagerfeuer. Und am nächsten Morgen geht jeder seiner Wege, bis zum nächsten Mal.
Wer einmal auf den Geschmack gekommen ist, für den ist zwischen den Stühlen ein sehr guter Ort. Hier muss keiner seinen Claim abstecken. Hier gibt es Lebendigkeit und Freiheit, für die die Sitzenden immer erst aufstehen müssen. Wir aber sind schon lange unterwegs. Und das ist ein Vorteil, wenn man es richtig bedenkt.
Und was hat das alles mit feinfühligen Menschen und der Atempraxis zu tun? Nun, durch die Atempraxis lernen wir die Freiheit des Zwischenraums kennen. Sie ist wie gemacht für feinfühlige Menschen, die auch noch klug sind.
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